MenschenArbeit Freiburger Studien
Herausgegeben von Michael N. Ebertz, Werner Nickolai und Helmut Schwalb

Band 23

 

Thorsten Kleiner

Frühe Bindungserfahrungen
und ihre Auswirkung auf die Gestaltung
von Peer-Beziehungen in Gruppentherapien
- Analyse einer Kinderpsychodrama-Gruppe -

Konstanz 2008, 232 Seiten, € 18,00. ISBN 3-86628-213-3

 

 

 

Kinderpsychodrama als Methode ist aus der heilpädagogischen Arbeit mit Kindern mit Entwicklungsauffälligkeiten und emotionalen Problemen nicht mehr wegzudenken.

In diesem Buch werden die Grundlagen der Bindungstheorie und ihre therapeutischen Implikationen in Verbindung gebracht mit den Bedürfnissen unsicher gebundener Kinder im Grundschulalter. Besondere Beachtung finden dabei Raumaufteilung und Gestaltung der individuellen Spielplätze im Rahmen der Spielphase sowie die Auswirkungen auf Kontaktaufnahme und Interaktion der Peers untereinander.

Die Analyse der Beobachtungen im Rahmen eines Gruppentherapieverlaufs zeigt die Bedeutung, die den Therapeuten als Dolmetscher, Katalysatoren und „Brückenbauer“ zukommt, damit unsicher gebundene Kinder gelingende Kontakte aufnehmen und aufrechterhalten können.

Lebendige Spielprozesse werden so zur Grundlage positiver Beziehungserfahrungen innerhalb der Peer-Gruppe und tragen zur Erweiterung sozialer Kompetenzen bei.

 

Thorsten Kleiner, geboren in Singen, studierte nach Zwischenstationen in Technik und Musik von 2003 – 2008 an der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen, Religionspädagogik und Pflege, Freiburg Heilpädagogik mit einem Schwerpunkt im pädagogisch-therapeutischen Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen. Inzwischen arbeitet er als Dipl. Heilpädagoge in einer Jugendhilfeeinrichtung bei Zürich.

 

Schlagwörter: Bindungsstörung, Kinderpsychodrama, Thorsten Kleiner, Rollenspiel, Gruppentherapie, Heilpädagogik, Bindungstheorie, Peer, Kindertherapie, Verhaltensauffälligkeiten

 

 

Rezension in socialnet zitiert aus
Dagmar Fiebiger. Rezension vom 07.11.2009 zu: Thorsten Kleiner: Frühe Bindungserfahrungen und ihre Auswirkung [...]. Hartung-Gorre (Konstanz) 2008. 226 Seiten. ISBN 978-3-86628-213-1. In: socialnet Rezensionen unter http://www.socialnet.de/rezensionen/7273.php, Datum des Zugriffs 10.11.2009.

Thema

Es wird die Frage untersucht, wie Kinder im Grundschulalter, therapeutisch begleitet werden können, die aus ihren Herkunftsfamilien unzureichende Erfahrungen der Bindung an andere Menschen mitbringen und sich dadurch aggressiv oder verweigernd verhalten.

Mit Hilfe einer psychodramatisch fundierten Gruppentherapie sollen sie unterstützt werden, sich zu sozial positiv handelnden und bindungsfähigen Kindern zu entwickeln.

Es handelt sich damit um eine Frage mit gesellschaftlicher Relevanz, die sich in Zeiten zunehmender Aggression unter Kindern und Jugendlichen, an Fachleute und Eltern stellt.

Autor

Der Autor, Thorsten Kleiner, arbeitet als Diplom Heilpädagoge in einer Jugendhilfeeinrichtung bei Zürich. Er studierte an der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen, Religionspädagogik und Pflege in Freiburg, mit dem Schwerpunkt auf pädagogisch-therapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Sein Buch ist das Ergebnis einer Abschlussarbeit, die sich zu einem kleineren Forschungsvorhaben entwickelt hatte.

Zielgruppe

Die Zielgruppe dieses Buch sind alle Leser/innen, die sich für das Kinder-Psychodrama und die Techniken seiner Anwendung interessieren. Es wird in der Regel, wenn auch nicht ausschließlich, in Form der Gruppentherapie angewendet.

Noch Unerfahrene in der Methode können von der konkreten Darstellung des Vorgehens profitieren, Erfahrene die Bestätigung der Wirksamkeit der Methode erneut nachvollziehen.

Studenten der Psychologie und Pädagogik können umfassende Quellenangaben zur Bindungs- und Rollentheorie, sowie Literatur zum Psychodrama in der 8 Seiten umfassenden Literaturliste finden.

Mithilfe des übersichtlichen Registers sind schnell entsprechende Stellen zu den Themenbereichen finden.

Aufbau und Inhalt

Nachdem Grundannahmen der Bindungstheorie in der Entwicklungspsychologie vorgestellt wurden, ordnet Kleiner, auf diese Theorie bezogen, den fünf Jungen (8 und 9 Jahre alt), die an der untersuchten Therapiegruppe teilnahmen, verschiedenen Bindungstypen zu. Diese unterscheiden sich durch die verschieden starken Bindungsstörungen, denen die Kinder in ihren Herkunftsfamilien ausgesetzt waren. Diese Erfahrungen lassen sie unangemessen handeln und aggressiv oder vermeidend mit ihren Altersgenossen umgehen. Das Ziel der Therapie ist es, verbindende, wohlwollende Kommunikation zu vermitteln und zu Kompromissbereitschaft und Kompromissfähigkeit zu führen.

Mithilfe der gruppentherapeutisch angewandten Psychodrama Methode, deren wichtigste Techniken beschrieben werden, machen die Kinder in einem geschützten Rahmen neue Erfahrungen mit sich und in Auseinandersetzung mit ihrer Peer-Gruppe, die sie neue Verhaltensweisen lernen lässt.

Die beiden Therapeuten wenden die Kinderpsychodrama Therapie - Methode nach Holl und Aichinger an. Hier gibt es besondere Techniken des Einfühlens, um das kindliche Spiel zu unterstützen. Die beiden Therapeuten, die am Besten in einem bi - geschlechtlichen Team agieren sollten, um das ideale Familienmodell darzustellen, spielen mit. Sie deuten und reagieren unmittelbar im Therapiekontext auf das kindliche Verhalten. Sie müssen also während dessen die innere Distanz halten und dürfen sich nicht selbst im Spiel verlieren. Gespielt wird in einem Therapieraum, in dem gebaut, sich verkleidet, versteckt, also körperlich umfassend agiert werden kann.

Kleiner hält in einem beeindruckenden dreidimensionalen Raum - Raster - Verfahren, fest, wie häufig die Kinder in räumlich nahem Kontakt zueinander standen. Er stellt beim Auswerten der Positionsmuster, die nach jeder Sitzung aufgezeichnet wurden, in Zusammenhang mit den Videoaufzeichnungen, die von allen Sitzungen erstellt wurden, fest, dass die Häufigkeit der räumlichen Kontakte gleich zu setzten sind, mit der Intensität der inhaltlichen Kontakte. Die Kinder zeichnen nach jeder Sitzung selbst, die von ihnen erlebten Kontaktaufnahmen nach, um zu selbstreflektorischen Erkenntnissen zu kommen.

Kleiner hält im Folgenden die Erfahrungswerte seiner Arbeit fest, er gibt sie als Empfehlung weiter. Zu den Kindern:

Zu der Vorgehensweise. Zunächst muss die psychische und physische Unverletztheit der Teilnehmer gewährleistet sein. Dazu müssen die Grenzen klar besprochen werden und sie müssen zu halten geholfen werden. Kinder brauchen die mitspielenden, haltenden und steuernden Therapeuten. Dazu ist ein klarer Rahmen wichtig. In Form der Raum- und Zeitgestaltung muss dem Bedürfnis nach einem „sicheren Platz“ Rechnung getragen werden. Veränderungen im Ablauf und an der Teilnahme von Mitgliedern, muss bei diesen leicht störbaren und zu verunsichernden Kindern, frühzeitig besprochen werden. Es ist wichtig, den Kindern ein Werkzeug zur Selbstreflektion zu geben.

Elternarbeit ist wesentlich für die Nachhaltigkeit der Arbeit. Sie sollen Ressourcen der Kinder aufgezeigt bekommen und ebenfalls unterstützend zu handeln lernen.

Zu den Therapeuten. Grundsätzliches Arbeiten im Tandem ist erforderlich, idealer weise im bi - geschlechtlichen Team. Regelmäßige Supervision ist für die Therapeuten unverzichtbar, um Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse zu erkennen. Im direkten Kontakt der Kinder in der Peer - Gruppe muss aufmerksam, einfühlsam und sichernd durch die Therapeuten, begleitet werden.

Diskussion

Die vorgestellte Gruppentherapie für Kinder, durchgeführt mit der Psychodrama Methode, ist eine wertvolle Möglichkeit des sozialen Lernens. Besonders heute, da der gesellschaftliche Trend zur Einzelkind – Familie geht, in der das soziale Lernen unter Geschwistern kaum noch Bedeutung zukommt. Sie sollte aus familienpolitischer Sicht stärker gesellschaftlich gefördert werden.

Der beschriebene Prozess zeigt, wie es bei unsicher gebundenen Kindern gelingen kann, Bindungserfahrungen nachzuholen. Diese sind unerlässlich um verantwortungsvolles und gesellschaftlich sinnvolles Handeln, der später Erwachsenen, zu erreichen.

Fazit

Thorsten Kleiners Buch ist das gründlich aufgezeichnete Ergebnis eines interessanten Gruppentherapieprozesses mit fachlich-theoretischem Hintergrundgehalt. Für Interessierte an der Psychodrama Methode und Kindergruppenpsychotherapie eine lohnende Lektüre, die aus der Praxis berichtet.


Rezensentin
Dipl.-Soz.Päd. Dagmar Fiebiger
Psychodramatikerin. Hat 15 Jahre lang mit straffälligen Jugendlichen gearbeitet. Zunächst in verschiedenen Bezirken Berlins in der Jugendgerichtshilfe, danach als Leiterin des Sozialdienstes der Jugendarrestanstalt Berlin. In den letzten 5 Jahren hat sie psychodramatisch orientierte Gruppenarbeit mit Jugendlichen in einer Berufsschule mit sonderpädagogischen Aufgaben und in einer Kreuzberger Grundschule mit gewaltbereiten Kindern durchgeführt. Seit Dezember 2008 ist sie im Jugendamt Tempelhof/Schöneberg im regionalen Sozialdienst tätig.

Zitiert aus
Dagmar Fiebiger. Rezension vom 07.11.2009 zu: Thorsten Kleiner: Frühe Bindungserfahrungen und ihre Auswirkung [...]. Hartung-Gorre (Konstanz) 2008. 226 Seiten. ISBN 978-3-86628-213-1. In: socialnet Rezensionen unter http://www.socialnet.de/rezensionen/7273.php, Datum des Zugriffs 10.11.2009.

 

 

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